Quaschning vom Dach

und andere Greta-Geschichten

Geschrieben von Jürgen Schmid am 14.3.2024

Auch interessant:


Habeck, der Formlose


Apperzeptionsverweigerung

Greta wurde fünf Jahre lang als Heilige verehrt. Nun ist ihr Stern verblaßt. Wir prä­sentieren exklusiv einige Erzählungen aus der Hochzeit deutscher Greta-Anbetung.

Predigten

Also bestieg Katrin Göring-Eckardt die Kanzel in der Salvator-Kirche zu Duisburg und erhob mächtig ihre Klage: »Der Herr wird aus Zion brüllen und seine Stimme aus Je­rusalem hören lassen, daß die Auen der Hirten vertrocknen werden und der Karmel verdorren wird.« Mit Bildern aus dem Alten Testament mahnte die Grünen Staatsrats­vorsitzende die Gemeinde, daran zu glauben, daß Greta über die Welt gekommen sei wie der Prophet Amos. Beide verkündeten dieser Welt in treffenden Worten den Untergang, so das Volk nicht innehält in seinem Frevel. Wie Amos, exegiert die Predigerin, geißele Greta Mißstände, die durch Mißachtung der Gebote des Grünen Staats­rats die Menschen heimsuchen (bei Amos war es lediglich Gottes Gebot). Beide Propheten, von denen Greta die Größere sei, weil sie nicht beschränkt wie Amos nur einem Volke predige, sondern allen Völkern der Erde, sagen ein Straf­gericht voraus. Am Ende hielt Görings Kanzelbotschaft ein Zeichen der Hoffnung bereit: Oh Volk, höre auf das »Wunder«, daß Euch die Grüne Allmacht in Gretas Gestalt gesandt hat als Mahnung und Belehrung. Tuet Buße, kehret um und bekennet Euch zum Grünen Glauben.

Und so suchte auch den Berliner Erzbischof Heiner Koch Palmsonntags diese Vision heim: »Mich erinnern die Freitagsdemos [an deren vorösterlichen Berliner Ausgabe auch Greta teilnahm] an die biblische Szene vom Einzug Jesu in Jerusalem«. Der Evangelist Matthäus berichte bekanntlich, wie die Menschen Jesus zujubelten: »Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!«. Wie Jesus im »Triumphzug für einen Volkshelden« empfan­gen wurde, so habe das Volk zu Berlin einen »Propheten« begrüßt.

Denn nun, so der gesalbte Mann, ist gekommen in dies irdische Jammertal Greta, die dem wandelnden Gottesvolke gibt, nach was es lechzt, weil »unsere Gesellschaft echte Propheten braucht, die auf Mißstände hinweisen.« Noch, so Koch, wolle er das Mädchen aus Schweden »nicht zu einem weiblichen Messias machen«. Und er erregte damit den Zorn des aufgewühlten Volkes, das sich erhob und schrie: »Greta, die Mutter Fridays! Gesegnet sei sie, die da kommt im Namen der Grünenden«.

Der Würzburger Bischof bewies mehr Mut als sein Berliner Amtsbruder. Franz Jung schwang sich zur kühnen Rede auf, Greta zu preisen als den neuen David, als eine, die die Mächtigen bekämpft wie ihr biblisches Vorbild, der mit seiner Steinschleuder den Riesen Goliath zu Fall gebracht habe: Siehe, wenn Gott einen Menschen auser­wählt zum Dienst an seinem Volk, so wird er ein Zeichen geben von der Prophetin Macht und Wahrhaftigkeit. Und hat Gott nicht seinem Diener Franz befohlen, zu künden von der Allmacht Gretas?

So fragt die Hamburger ZEIT-Priesterin Petra Pinzler in ihrer Verkündigung »Greta in New York«: »Woran erinnerte der Auftritt von Greta beim Klimagipfel der UN und ihre Begegnung mit Angela Merkel am 23. September 2019?« Die Predigerin gibt der ihr lauschenden Gemeinde die Antwort: »Genau, an Martin Luther vor dem Reichstag zu Worms und sein Zusammentreffen mit der weltlichen Macht in Gestalt von Kaiser Karl V. am 17. April 1521.« Greta habe, wie einst Luther, gesagt, »was [ihrer] Wahrheit entsprach: ›Solange mein Gewissen durch die Worte Gottes gefangen ist, kann und will ich nichts widerrufen, weil es die Seligkeit bedroht, etwas gegen das Gewissen zu tun. Gott helfe mir, Amen.‹«

So höret nun und merket Euch: In Greta ist Euch erschienen die Reformatorin, die kam, um zu stiften eine neue Religion – und in Merkel habt Ihr eine weise Herrsche­rin, in deren Reich die Sonne nie untergeht. Amen.

Reliquien

Aus dem Heiligen Evangelium nach BILD:

2019 – ein Jahr der Umkehr: Im Februar »entdeckt« Clara Mayer das Klima. Im Mai geht sie »hart mit der Autoindustrie ins Gericht« und treibt sie bei VW die Dividenden aus. Zwischendurch macht Clara Abitur und wird 18. Im September ist sie »Greta von Berlin«.

Eine neue Religion ist geboren. Und sie hat ihre Reliquien.

Luisa, die deutsche Greta, fährt gerne Rennrad. Deshalb verehrt die Schar der Gläubigen nun ihren Sattel als Berührungs-Reliquie. Er ist — neben dem Megaphon der Seligen Clara — zur Anbetung ausgestellt im Berliner Kanzleramt, in der Privat­kapelle von Papst Herbert I., den die Damen Kardinäle nach seiner Predigt von Wien per Akklamation als Oberhaupt ihrer Kirche erwählten.

Clara II., die Hamburger Greta, schenkte den Gläubigen alle von ihr selbst gerauchten Reemtsma-Zigarettenstummel. Sie werden am Hochaltar der Sankt-Greta-Kathe­drale zu Stockholm in einem goldenen Schrein verehrt.

Leonie, Mystikerin und Kölner Greta, stiftet ihre Zahnspange, mit der sie in Hart aber fair »auf ein Handeln der Politik« pochte, für den Nebenaltar der Sankt-Luisa-Kapelle in Kleinkerschenbroich.

Verschollen ist leider die hochheiligste aller Reliquien der Klimakirche, das Töpfchen, auf dem Greta auf ihrer klimaneutralen Fahrt über den Atlantik zur »How dare you«-Predigt ihre Notdurft verrichtete. Ein unersetzlicher Verlust für das Kulturerbe der Menschheit.

Quaschning vom Dach

Ein Mann sitzt auf einem Dach, das von Solarzellen bedeckt ist. Er trägt ein honig­melonenfarbenes Hemd zum anthrazitenen Anzug. In der Hand hält er ein Stück Karton, auf dem »Skolstrejk« geschrieben steht. Das ist Schwedisch. Der Mann mit dem putzigen Kinnbart und der Novak-Djokovic-Gedächtnisfrisur ist aber kein Schwede. Er liest im Tonfall eines Pastors, der sich in die Sendung mit der Maus verirrt hat, von seinem Pappschild ab: »Vermutlich fragen Sie sich, warum ich hier auf einem Dach sitze.« Seiner wirren Rede entnehmen wir soviel, daß er Kinder hat und hoffe, daß man ihn hier oben auf dem Dach besser sieht. Seine Kinder, so sagt er, gehen gerade nicht in die Schule, sondern machen irgendwas, für das sie von irgend­wem angefeindet werden. Weil er als Vater das nicht mag, hat er seinen Pappkarton ins Internet gestellt. Andere sollen das ausdrucken, sagt er, und in die Luft halten. Das soll zeigen: »Wir sind viele!« (»Sie hat uns ein Zeichen gegeben! Folgt Ihr im Zeichen des Skolstrejk!«, heißt es in der klimasensiblen Neufassung eines berühmten Films von Monty Pythons.)

Quaschning auf dem Dach [Quelle: YouTube.]

Der Mann nennt sich Volker Quaschning. Als Kind hat er »Karlsson vom Dach« geliebt — und beschlossen: Wenn ich einmal groß bin und honigmelonenfarbene Hemden tragen darf, will ich auch auf einem Dach wohnen wie Astrid Lindgrens 1974 verfilmter pummeliger Held. Und wenn Quaschi noch fester an den Skolstrejk glaubt, wächst ihm bestimmt bald ein Propeller auf dem Rücken. Dann kann er das Dach auch wieder verlassen – und muß dort nicht für immer ein Schild in den Himmel halten. »Er kann fliegen«, werden seine Kinder dann rufen. Vielleicht wird Papi ja dann sogar Professor – für Regenerative Energiesysteme etwa. Und schließt sich Parents for Future an. Aber das muß sich Astrid Lindgren noch gut überlegen.

Schule in Gretas Reich

Parents for Future haben geschafft, wovon viele träumen: Die Berliner Lehranstalten haben sich aus ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit befreit und sind nach langen Jahren pädagogischer Gängelei demokratisiert. Durch zivilcouragiertes Engagement mutiger Elternteile 1, Elternteile 2 und Neutralgebärender werden die Lehrpläne in unserer FFF-Demokratur den Anforderungen moderner Zeit endlich gerecht.

Ein typischer Schultag am Sankt-Greta-Gymnasium zu Berlin-Charlottenburg:

8.00 Uhr, Deutsch: Grundlagen der Rhetorik am Beispiel typischer Gegenargumente von Leugnern des Klimawandels

8.45 Uhr, Mathematik: Analyse von Daten zum Klimawandel und deren manipulative Darstellung

9.30 Uhr, Pause (Kantine): Veganer Imbiß mit Impulsreferat zu Folgen des Fleischkonsums in Verbindung mit der Rodung des Regenwalds

9.50 Uhr, Englisch (Doppelstunde): Greta Reden, unter Berücksichtigung von Joshua Wongs Rolle im Leben der Philosophin

11.20 Uhr, Kunst (Doppelstunde): Gestaltung von Plakaten für FFF-Demo

13.05 Uhr, Gemeinsames Abschlußgebet (Aula): »Liebe Alle! Ich möchte nicht, daß Ihr hoffnungsvoll seid. Ich möchte, daß Ihr in Panik geratet. Ihr sollt die Angst spüren, die ich jeden Tag spüre. Amen.«

Schule heute ist Klimaschule. Mach’ mit und werde Teil unserer Bewegung!

Ketzerwende

Heinrich Bedford-Strohm ist — das muß man eigentlich nicht wissen — Evangelischer Bischof von Bayern. Dort sind die Gläubigen so gendergerecht, daß sie schon vor langer Zeit den Bischofssitz nach Katharina von Bora benamst haben, die mit Martin Luther ihr Gelübde gebrochen hat. Nun begab es sich, daß die Grüne Kirche ihren Staatsparteitag abhielt, dem sie den Tarnnamen Evangelischer Kirchentag gaben. Dort verhielt sich ein Journalist namens Leyendecker, den die Grünen auserkoren, ihrem Parteitag zu präsidieren, sehr korrekt, indem er die Greta-Freitage zur »Erweckungsbewegung« erklärte.

In diesen Tagen aber geschah es, daß Bischof Bedford, der es bei der Evangeli­schen Kirche Deutschlands zu Thronehren gebracht hatte, völlig den Verstand verlor und dekretierte: »Greta ist keine Heilige!« Zuerst war da Schockstarre. Dann rief das Volk in wilder Raserei: »Verbrennt den Ketzer! Ins Feuer mit ihm!«

Nun wurde dem Grünen Staatsrat mulmig zu Gemüte. Hilfe mußte her. Da besann sich die Selige Annalena darauf, den verirrten Parteigänger an die Hand zu nehmen. Der tumbe Tor Bedford solle sogleich als Buße für seinen nichtswürdigen Greta-Frevel zusagen, die EKD werde ein eigenes Seenotrettungsschiff chartern, das unter grüner Flagge und dem Kapitänat der Heiligen Märtyrerin Carola die Welt rettet.

Gedacht, gesagt, und sogleich war dem Grünen Heinrich der Jubel der Menge wieder gewiß. Und der Ratsvorsitzende, erleichtert über seine Errettung aus schwerer See, dankte der Zivilgesellschaft, die in Sachen Seenotrettung »Flagge gezeigt« habe.

An unserem Wohnzimmerfenster befindet sich noch der Fahnenhalter aus besseren Tagen. Ich werde dort ab sofort die grüne Flagge hissen.

Kinderkreuzzüge

 

Gestern (Christi Brief)

An einem Maitag des Jahres 1212 erschien in Saint-Denis, wo König Philipp von Frankreich Hof hielt, ein etwa zwölfjähriger Hirtenknabe, der Stephan hieß und aus der kleinen Stadt Cloyes im Orléannais stammte. Er brachte einen Brief für den König mit, welcher ihm, wie er sagte, von Christus persönlich übergeben worden war; Christus sei ihm erschienen, als er seine Schafe hütete und habe ihn geheißen, sich aufzumachen und den Kreuzzug zu predigen.

Heute (Gretas Botschaft)

An einem Wintertag des Jahres 2020 ploppt zu München, wo Siemens-Chef Jo Kaeser regiert, der Tweet einer etwa 20jährigen Geographiestudentin auf, die Luisa heißt und aus der großen Stadt Hamburg stammt. Ihr Post ist eine Botschaft für den Manager, welche ihr, wie sie kund tut, Greta persönlich eingeben habe. Greta sei ihr erschienen, so Luisa, als sie auf ihrem Smartphone surfte und habe ihr geheißen, den Kreuz­zug zu zwitschern.

Gestern (Des Königs unwirsche Reaktion)

König Philipp war von dem Kind nicht beeindruckt und hieß es, sich wieder heimzu­begeben.

Heute (Der Kniefall des Managers)

Siemens-Chef Kaeser ist angetan von der Herrlichkeit des Kindes und bietet ihm Schutz und Sitz an in seinem Aufsichtsrat, wohldotiert mit einer Menge Goldes.

Gestern (Trotz des Kindes)

Aber Stephan, dessen Begeisterung von seinem geheimnisvollen Besucher, dem Christus, angefacht worden war, sah sich jetzt als einen erleuchteten Führer, der vollbringen würde, was den Älteren nicht gelungen war.

Heute (Trotzreaktion, moderne Version)

Luisa aber, die sich im Namen Gretas als erleuchtete Führerin sieht und von allen Medien des Landes als solche anerkannt ist, tobt und schreit: »Nein! Ich will den totalen Kreuzzug!«

Gestern (Zeitumstände)

Während der vergangenen fünfzehn Jahre waren Wanderprediger hier und dort im Land umhergezogen und hatten zu einem Kreuzzug gegen die Muselmanen des Ostens oder Spaniens aufgerufen. Es konnte leicht geschehen, daß ein hysterischer Knabe von dem Gedanken angesteckt wurde, auch er könne ein Prediger sein.

Heute (Zeitumstände)

Während des vergangenen Jahres war eine 16jährige Schulschwänzerin von Stockholm aus um die Welt gesegelt, um statt etwas über die Welt zu lernen, diese gleich im unverstandenen Zustand zu erretten — und alle folgten ihr im Zeichen des Skolstrejk. In dieser allgemeinen Hysterie konnte es leicht geschehen, daß eine labile Erdkunde-Studentin von dem Gedanken angesteckt würde, sie könnte auch eine Weltretterin sein, wenn sie nur verhindere, daß ein Münchner Unternehmen Signaltechnik für eine Eisenbahnstrecke in Australien liefere, die Kohle zu einem Hafen transportieren solle.

Gestern (Versprechen von der Teilung des Meeres)

Unverzagt begann Stephan sofort, trotz des Königs Gleichgültigkeit, am Portal der Abtei von Saint-Denis zu predigen, und tat kund, daß er einen Zug von Kindern zur Rettung der Christenheit anführen werde. Das Meer werde vor ihnen austrocknen, und sie würden, wie Moses durch das Rote Meer, wohlbehalten ins Heilige Land hinüberziehen. Stephan war mit ungewöhnlicher Beredsamkeit begabt. Auch ältere Leute waren beeindruckt, und Kinder strömten auf seinen Ruf von überall herbei.

Heute (Vision vom Kniefall Gottes vor Greta)

Ohne Zögern läßt Luisa, dem Bestechungsversuch des Managers zum Trotz, am Portal der Siemens-Zentrale in München Mahnwachen maskierter Kinder aufziehen, und verkündet lauthals, Greta selbst würde einen Zug von Kindern zur Errettung der Welt anführen. Gott selbst werde sich vor ihrer Schar verneigen und sie könnten mit seinem Segen über die Wasser des Atlantik vor die UNO in New York ziehen. Greta aber ist von überschaubarem Talent, was sie nicht davon abhält, Erwachsene, die ihr jenes Defizit bescheinigen, mit unflätigen Beschimpfungen zu überziehen. Doch manch Ältere ficht dies nicht an; viele rufen ihre eigenen Kinder zur Teilnahme am Kreuzzug auf.

Gestern (Das Scheitern)

Als sich aber in Marseille das Meer, allen Versprechungen Stephans zum Hohn, nicht teilte, heuerten fast dreißigtausend Kinder, keines älter als zwölf Jahre, bei zwie­lichtigen Schiffseignern als Passagiere für die Überfahrt ins Heilige Land an, die für die meisten von ihnen als Sklaven in Ägypten endete.

Quellen: Steven Runciman, Geschichte der Kreuzzüge. München 1995, S. 916f. (fürs Gestern); Deutsche Medienschau, Januar 2020 (Heute).

Unbefleckte Empfängnis

 

Altmodische Erzählung:

Am 11. Februar 1858 ist der 14jährigen Bernadette Soubirous in Lourdes die Mutter Gottes erschienen mit den Worten: »Ich bin die unbefleckte Empfängnis«. Sie »ver­spreche nicht, Bernadette in dieser Welt glücklich zu machen, aber in der anderen.«

Daraufhin erschien die Gottesmutter 1877 den 13jährigen Justyne Szafryńska und Barbara Samulowska im polnischen Gietrzwałd, 1917 in Fátima drei Hirtenkindern: »Habt keine Angst! Ich komme vom Himmel. Wollt ihr euch Gott anbieten, alle Leiden zu ertragen, die Er euch schicken will, als Zeichen der Wiedergutmachung für die Sünden, durch die Er beleidigt wird und als Bitte für die Bekehrung der Sünder? Ihr werdet viel zu leiden haben, aber die Gnade Gottes wird eure Stärke sein.«

Nicht alle glauben das. (Denen, die daran glauben, verleiht der Glaube Kraft und oftmals ein starkes Überlegenheitsgefühl.)

Zeitgemäße Erzählung:

Am 20. August 2018 begann die 15jährige Greta Tintin Thunberg in Stockholm ihre Aufrufe zu Buße und Umkehr: »Ich möchte nicht, daß Ihr hoffnungsvoll seid. Ich möchte, daß Ihr in Panik geratet. Ihr sollt die Angst spüren, die ich jeden Tag spüre.«

Noch im Herbst 2018 bekennt sich die 21jährige Luisa Neubauer in Hamburg zur Welterlöserin: »Es fühlt sich an, als würden wir in einem Auto sitzen, das auf einen Abgrund zusteuert. Doch anstatt zu bremsen, wird beschleunigt.« Bald darauf treten mit Leonie Bremer von Köln die ersten Mystikerinnen der Bewegung auf: »Es gibt kein Grau. Hier gibt es nur Schwarz oder Weiß.« Leonie, »die empathische Strategin«, befindet sich auf einer »Mission«, weltweit. Dort, in der Welt, bekennt sie: »Es fühlt sich an, als wären wir die wahren Weltführer.« Im Frühjahr 2019 schließt sich mit der 15jährigen Oettingerin Jasmin Bauer auch die Provinz an. Viele weitere Apostel*innen folgen.

Nur ein Jahr nach den ersten Erscheinungen glauben alle an die Heilige Greta. (Die, die nicht an sie glauben, sind Nazis und werden von Papst Herbert I. exkommuniziert.)

Exegese

Zwei »Journalisten«, schreibend für Rubikon und KenFM, deren Namen zu ver­schweigen ein Gebot der Mitmenschlichkeit sein muß, führen einen erbitterten phi­lologischen Expertenstreit um Kernaussagen der größten Philosophin unserer Zeit. Der neueste Stand: Jüngst behauptete der eine, ein hanebüchener Forschungs­beitrag seines Kombattanten behaupte, »Greta habe den Ausbau der Atomenergie gefordert«. Wir dokumentieren die Stellungnahme des Rubikon im vollen Wortlaut:

»Dabei bezieht er [R. von KenFM] sich wohl auf einen Facebook-Eintrag der jungen Aktivistin vom 17. März 2019. Wer je­doch genauer liest, wird fest­stellen, daß Greta etwas anderes sagt: ›Personally, I am against nuclear power.‹ Sie selbst ist also gegen Atomenergie, bezieht sich aber auf die Berichte des Weltklimarats IPCC, der Atomenergie als einen möglichen kleinen Teilbereich in der Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft betrachtet. Von einer Forderung ist dies weit entfernt. Wie kommt R. also zu der Ansicht, Greta habe den Atomenergie-Ausbau gefordert? Behauptet wird, Greta wolle darüber debattieren. Der Satz, auf den sich die Aussage bezieht, lautet: »But let’s leave that debate until we start looking at the full picture.« Dieser Satz bedeutet aber das genaue Gegenteil. Greta möchte diese Debatte vielmehr ausklammern und das große Ganze in den Blick nehmen.«

Theologen, die das Alte Testament erforschen, können nur vor Neid erblassen über die Akribie, mit der die junge Disziplin der Greta-Exegese betrieben wird.

Das Original

Journalist: This is a question for Greta. What kind of message would you send to world leaders?
Greta: … …. …. Ähm … I think … I am sorry … what was the question?
Journalist: What kind of message would you send to world leaders?
Greta: I think, what we want to send is … the message we want to send is to say that we have had enough. And … äh … anyone else want’s to answer the question? … … I can’t speak on behalf of everyone … … … … … … … I think maybe you should give some questions to the others as well … …

Vielfalt

Sendetermin Sendung Thema
13.9.2019 Maybrit Illner Klima
15.9.2019 Presseclub Klima
15.9.2019 Anne Will Klima
16.9.2019 Hart aber fair Klima
20.9.2019 Maybrit Illner Klima
22.9.2019 Presseclub Klima
22.9.2019 Anne Will Klima

Nachhaltige Langstrecke

Die Heilige Katha vom Orden der Grünen Klimaschwestern war wieder unterwegs: Diesmal nicht zum Eisessen in der Sonne Kaliforniens, sondern in Pittsburgh, um über Sustainability zu sprechen und US-Aktivistinnen zu ermuntern, das Thema Klimaschutz in den USA größer zu machen.

Katha zeigt: So geht Nachhaltigkeit. Eine Münchnerin jettet über den Atlantik, um eine kompakte halbe Stunde darüber zu referieren, daß man nicht mehr fliegen soll, weil das dem Klima schade. Katha hilft damit den US-Amerikanern, ihren Landleuten das Fliegen auszureden. Und sie hat die US-Gretas nach Deutschland eingeladen, damit die hierzulande berichten, wie sehr sie sich in den USA fürs Klima einsetzen. Es ist der Beginn einer nachhaltigen Freundschaft, die den Atlantik überspannt.

Mit Kritik an ihrer Reise geht Katha souverän um: »Natürlich kompensiere ich«. Das Fachblatt fürs Münchner Klima, die TZ, steht ihr publizistisch bei — in perfektem Deutsch und stringenter Logik: »Statt über die großen Themen zu debattieren, wird sich dabei immer wieder auf das Verhalten von Individuen gestürzt.« Denn bei der TZ weiß man: »Themen« werden nicht von »Individuen« gemacht.

Grün wirkt

2018 wurden von Mitarbeitern der ergrünten Landesverwaltung Baden-Württemberg rund 100 Millionen Flugkilometer zurückgelegt. In den vergangenen fünf Jahren hat die Zahl um knapp 40 Prozent zugenommen.

Im Durchschnitt wurden pro Flugticket in den grün geführten Ministerien (inklusive Umwelt- und Verkehrsressort) nicht mehr als 692 Kilometer verflogen — d. h. Mann und Frau Beamt*in flog zur Schonung des Klimas überwiegend Kurzstrecke.

Über 90 der 100 Millionen Flugkilometer gehen auf die Konten der Hochschulen im Land. Dort sind die Flugaktivitäten stark gestiegen, seit immer mehr Forscher den Klimakampf wissenschaftlich unterfüttern und den »Menschen da draußen« (A. Merkel) bereitwillig erklären.

Neue Gretas braucht die Welt

Publik Forum, »christlich — kritisch — unabhängig«, das Magazin für alle, die an Greta glauben, führt eine Rubrik »Greta des Monats«. Bisher erschienen: Nakabuye Hilda Flavia, 22, die ugandische Greta, eine Schwarze. Und Isabel Wijsen, 16, »die Greta Asiens«, die den Greta-Kult in Bali zelebriert. Publik Forum ruft alle Leser auf: Helfen Sie mit, neue Gretas zu finden. Willkommen wären besonders eine Aborigine-Greta aus Australien und eine arktische Greta. Unter allen Einsendern verlost die Redaktion eine Kreuzfahrt in die Heimat der jeweiligen Greta des Monats.