Kein Schiff wird kommen

Zur Aufkündigung einer Schiffahrt mit dem »Kontrafunk«

Geschrieben von Uwe Jochum am 8.7.2025

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Am Samstag, den 28. Juni stach vom Konstanzer Hafen aus das »Torture Ship« in See. Dahinter verbirgt sich eine Schiffahrt mit rund 400 Gästen, die sich zur Sado-Maso-Szene bekennen und ihr Bekenntnis durch einen auffallenden Kleidungsstil zum Ausdruck bringen. Allerlei Lackleder und Latex ist dabei Pflicht, und natürlich fehlen auch nicht die Gesichtsmasken, Hundehalsbänder, Strapse und sonstigen Fetische, die es in dieser Szene braucht, um sich so richtig aufreizend zu fühlen, inklusive reichlich gezeigter nackter Haut.

Das Schiff, auf dem man sich sado-maso-mäßig aufgereizt fühlen darf, gehört zu den Bodensee-Schiffsbetrieben BSB, die normalerweise die auf dem See fahrenden großen Kursschiffe betreiben. Seit dreißig Jahren legen die Bodensee-Schiffsbetriebe freilich ein großes Sado-Maso-Herz an den Tag und widmen einmal im Jahr das Motorschiff »Baden« zum Sado-Maso-Szeneschiff um. Das Herz der BSB war in früheren Jahren sogar noch größer, als man ein Swinger-Schiff über den See fahren ließ, auf dem ein Dark-Room für reichlich Ablenkung von der Bodensee-Landschaft sorgte.

Das alles wird von den Bodensee-Schiffsbetrieben durchgezogen und von der Stadt Konstanz gebilligt. Denn die Bodensee-Schiffsbetriebe sind wie die Hafen-Gesellschaft, die die Anlegestellen betreibt, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Konstanz, die wiederum eine GmbH im Besitz der Stadt sind. Im Aufsichtsrat der GmbH sitzen neben dem Oberbürgermeister der Stadt als dem Aufsichtsratsvorsitzenden Vertreter sämtlicher im Konstanzer Stadtrat vertretenen Parteien.

Kurzum: Was sich schiffsmäßig am und im Konstanzer Hafen tut und als Kursschiff auf dem See fährt, tut das mit Billigung der Stadt Konstanz und ihrer politisch tonangebende Szene.

Auf diese Billigung darf nicht jedermann rechnen, wie der »Kontrafunk« genau eine Woche nach dem diesjährigen »Torture-Ship«-Spektakel erfahren mußte. Er wollte am 5. Juli kein Swinger-Schiff mit Dark-Room und keines mit Sado-Maso-Fetischisten über den See fahren lassen. Er wollte lediglich ein in privater Hand befindliches Ausflugsboot mieten, um mit einer kleinen Schar von Gästen über den See zu fahren und die Sonntagsrunde aufzunehmen.

Daß es dazu nicht kam und warum es dazu nicht kam, ist sattsam bekannt und von Burkhard Müller-Ullrich, dem Kopf hinter dem »Kontrafunk«, öffentlich gemacht worden. Ein Bündnis »Konstanz für Demokratie« begann die übliche Verdächtigungs- und Kontaktschuldkampagne, bei der das »Bündnis« per inzwischen von der Website gelöschtem, aber vom lokalen »Südkurier« referierten Newsletter mitteilte, die Teilnehmer der Fahrt des »Schwurbelschiffes« seien »homophob«, »rassistisch«, »antisemitisch« und natürlich »Klimawandel- und Coronaleugner mit Verständnis für Putin, Hitler oder beide«. Dieser Kampagne spielte die Stadt Konstanz als Eigentümerin der Bodensee-Schiffsbetriebe und der Hafenanlagen in die Hände, als sie, wie der »Südkurier« ebenfalls berichtete, zu prüfen begann, ob man dem Schiffseigner Auflagen machen könnte. Nämlich solche, die für die Teilnehmer der Bootsfahrt möglichst unangenehm sein sollten, wobei man etwa an einen abgelegenen Liegeplatz für das Schiff oder an Auflagen zur Ein- und Aussteigegeschwindigkeit der Bootsgäste dachte. Und schließlich wurden diese Zumutungen getoppt durch Mails und Ankündigungen, die der Schiffseigner als Bedrohung interpretieren mußte, weshalb er die Bootsfahrt absagte. Der Schiffeigner wörtlich gegenüber dem »Südkurier«: »Mir wird öffentlich Gewalt angedroht.« Und zwar durch das Konstanzer »Bündnis für Demokratie«, wie er sagte.

Buchenswert für die zeitgeschichtliche Skandalchronik ist an alledem, daß die Initiatoren, die das Konstanzer »Bündnis für Demokratie« steuern, einem Milieu zurechnen, das sich das permanente Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf die Fahnen geschrieben hat und unter dem Motto »Nie wieder!« alles verhindern will, was ihrer Meinung nach in die weite Kategorie »rechts« fällt. Dazu gehört, daß die beiden Hauptakteure des Bündnisses, Katrin Brüggemann und Anselm Venedey, seit Jahren gegen alles kämpfen, was sie als »Rechtsruck« der Gesellschaft interpretieren; daher über ihr »Bündnis für Demokratie« nicht nur die Arbeit der regionalen »Omas gegen rechts« koordiniert wird; vielmehr versucht Katrin Brüggemann auch, über die von ihr geführte Firma »didactmedia« Einfluß auf die Bildungspolitik zu nehmen; und schließlich gehört zu diesem Kampf, daß Katrin Brüggemann die Konstanzer »Stolpersteininitiative« mitbegründet hat und sich in der Konstanzer »Seebrücke« engagiert, die aus der Stadt einen sicheren Hafen für Flüchtlinge machen möchte, wofür sie im Jahre 2022 das Bundesverdienstkreuz erhielt.

Es ist das ein Milieu, dessen Gesinnung längst den Habitus staatlich-städtischer Einrichtungen prägt und diese von politischer Neutralität zu Mitteln im »Kampf gegen rechts« umgepolt hat. Dabei hat das Milieu die Seiten gewechselt. Während es selbst den Gestus des Widerstands und der Totalitarismusverhinderung pflegt, hat es sich die staalich-städtischen Institutionen unterworfen und betreibt aus dieser Position heraus eine linkswoke Gleichschaltungspolitik, die der Demokratie in Deutschland zum dritten Mal in einhundert Jahren die Luft zum Leben nimmt.